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Von Platinsteinchen und Verbotszonen-Innsbruck der Reichen und Schönen?!

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Beitrag  DeGentrification Sa Dez 03, 2011 10:11 am

Innsbruck ist die teuerste Landeshauptstadt Österreichs.
Die Preise für Mietwohnungen auf dem freien Immmobilienmarkt sind in den letzten Jahren gestiegen, von 2009 auf 2010 um 9%. Immer weniger Menschen können sich hier Eigentumswohnungen leisten. Einer Studie von zwei Immobilienfirmen zu Folge wollten Anfang 2009 nur 25% der Wohnungssuchenden in eine Mietwohnung ziehen, ein Jahr später waren es bereits 39%. Dies ist kein Wunder: Auch heuer wieder steigerte sich der Preis neuer Eigentumswohnungen um 7%, der von gebrauchten um 4%. Durch die Krise wurden viele Anleger_innen verunsichert. Zur Sicherung ihrer Gewinne suchten sie nach sicheren Anlagemöglichkeiten - und fanden sie in Immobilien, insbesondere solchen in guten Lagen. Diese gestiegene Nachfrage und das viele Geld, das plötzlich in den Wohnungsmarkt strömte, trieb die Preise nach oben.
Während Wohnen immer teurer wird, steigen die Löhne in Österreich kaum. Die Folge: Immer mehr Menschen in Innsbruck können sich den dringend benötigten Wohnraum nicht mehr leisten. Dies sind vor allem Alleinerziehende, Frauen, Pensionist_innen, kinderreiche Familien, und Menschen mit Migrationshintergrund.
Oft wohnen Leute jahrelang in ihrer Wohnung, und dann werden sie mit einer Erhöhung der Miete konfrontiert. Diese Mieterhöhungen passieren wegen Sanierungen, Neubauten, oder einer generellen „Aufwertung“ des Stadtviertels, z.B. St.Nikolaus wird plötzlich „schick“ und alle wollen dort wohnen. In Innsbruck treibt auch die hohe Nachfrage am Wohnungsmarkt die Mieten, nicht zuletzt durch Studierende, die sich durch gemeinsames Wohnen („WG“) höhere Mieten leisten können, auch wenn sie selbst nicht reich sind, und auch in desolate Wohnungen einziehen, weil sie ja nicht lange hier sind. Aber auch die Oberschicht zieht vom Land wieder in Städte, weil das mit einem modernen, konsumorientierten Lebensstil besser zusammenpasst.

Indizien für solche Verdrängungen gibt es in der Innenstadt, St. Nikolaus, Wilten, Pradl und Mühlau - dort sind viele Sanierungen und Neubauten zu sehen, und das bei einer großen Veränderung der Bevölkerung (Viele Zu- und Wegzüge, mehr Zu- als Wegzüge).

Wohin ziehen die vielen Menschen, für die nun kein Platz mehr in der teuren Innenstadt und den schicken Vierteln ist?

In Innsbruck wohnen Oberschicht und Unterschicht nicht nebeneinander. Diejenigen, die sich weniger leisten können, werden in ärmere, nicht so attraktive Viertel abgedrängt.

Diejenigen, die „Arbeiter_innen“ sind, also entweder einen Lehrabschluss oder einen Hauptschulabschluss haben, wohnen oft am Rande Innsbrucks in Wohnblocks von Stadtwohnungen, die von der Neuen Heimat Tirol oder der IIG und Tochterfirmen betrieben werden. Östlich bzw. südlich der Sill, also in der Reichenau, Rossau, Pradl und dem Olympischen Dorf als östlichstem Ende der Stadt, sowie in Hötting West, der Peerhof- und Lohbachsiedlung und in der Höttinger Au.Diese Trennung der Stadt in arm und reich ist durchaus gewollt, denn so kann sich die sanierte Innenstadt im besten Licht präsentieren, während ärmere Schichten in Wohnblocks am Rand der Stadt (z.B. O-Dorf, Reichenau, Rum) wohnen.
Innsbruck wird wie ein Unternehmen geführt. Diese „unternehmerische Stadtpolitik“ bedeutet, dass die Stadt in einen Wettbewerb zu anderen Städten tritt. Es ist ein Wettlauf um mehr Tourist_innen, Industriestandorte, Geschäfte, Großevents etc, kurz: um mehr Profit für Innsbruck. Die Stadtpolitik folgt mehr diesem Wettbewerb als demokratischen Prinzipien - die Verwaltung wird „effizient“ gestaltet, d.h. städtische Unternehmen werden zu Gmbhs umstrukturiert und/oder (teilweise) privatisiert. So wird das Vermögen der Innsbrucker_innen verscherbelt oder ihrer Kontrolle entzogen. „Public - Private Partnership“ Projekte sind gang und gäbe, das heißt die Stadt zahlt mit, und Private kassieren den Gewinn. Beispiele dafür sind unser Rathaus, das gleichzeitig eine Shopping Mall ist, oder gar das Einkaufszentrum West, das eine Schule beherbergt.
Die Innenstadt verschwindet unter einem Mantel aus Beton und Glas, der Tourist_innen und zahlendes Publikum anziehen soll, für den Rest der Bewohner_innen aber Ausgrenzung zur Folge hat. Verbotszonen um den Bahnhof, den Landhausplatz und den Rapoldipark sowie die Videoüberwachung in der Bogenmeile dienen der Verdrängung unliebsamer Gruppen.
Prestigebauprojekte und Großevents wie die die beiden Olympiaden in den 60ern und 70ern, die EURO 2008 und die Jugendolympiade 2012 prägen die Struktur unserer Stadt. Damals wie heute reißen diese Veranstaltungen riesige Löcher in das Stadtbudget zu Gunsten einer kleinen Elite, die daraus Profit schlägt!

Kann es sein, dass die „Marke Innsbruck“ für viele Armut und Verdrängung bedeutet?

DeGentrification

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Beitrag  LIKETHEWAY Sa Dez 03, 2011 4:28 pm

Ja, kann es!
Sollte es zwar nicht, aber tut es dennoch!

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Beitrag  michaela niederkircher Sa Dez 03, 2011 11:12 pm

dazu gibt es interessante texte von lefebre
Buchtips falls nicht eh schon bekannt.
Lefebre Henri: Writing on Cities, 1996 , Cambridge/MA, Oxford
Lefebvre Henri: The Production of Space, 1991, Cambridge/MA, Oxford

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Von Platinsteinchen und Verbotszonen-Innsbruck der Reichen und Schönen?! Empty zitat von Henri Lefèbvre, Die Revolution der Städte, S. 140f; orig., p. 175

Beitrag  michaela niederkircher So Dez 11, 2011 8:28 am

„Jeder Ort muss multifunktionell, polyvalent, transfunktionell mit unablässigem ‚turnover„ der Funktionen werden; Gruppen müssen die Räume beschlagnahmen, um expressive Handlungen und Konstruktionen zu vollbringen, die in Bälde zerstört werden können.“

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